Kais Nussknacker vom vergangenen Wochenende hat eine gewichtige symbolische Bedeutung. Gut, daß ich nachgefragt habe.
Und darum geht/ging es. Auszug aus einer Veröffentlichung des Internationalen gewerkschaftlichen Arbeitskreises Köln; 2020, Seite 45:
Nussknacker- /Cascanueces-Verfahren zur Installierung „richtiger“ Betriebsgewerkschaften in Mexiko
Auch in Deutschland ist es nicht so einfach, in Betrieben gewerkschaftlich Fuß zu fassen, in denen die Arbeitgeberseite dies verhindern will. Engagierte Mitarbeiter/innen werden behindert, diskreditiert oder gleich entlassen. Die IG Metall hat für solche Fälle ein Konzept „BsB: Betriebe mit schwacher Bindung“ entwickelt. Im Köln-Leverkusener Metallbereich wurden auch in den letzten Jahren Erfolge erzielt. Beispielsweise wurde ein Betriebsrat bei Biebighäuser in Leverkusen gebildet und der Organisationsgrad von fast 0% auf weit über 50% erhöht – mehrere 100 Beschäftigte wurden in die IG Metall aufgenommen und ein Tarifvertrag erzwungen. Das ging durch die Presse und Geschäftsführer und Personalleiter wurden ausgetauscht.
In Mexiko gibt es aber nicht nur Widerstand der Geschäftsführungsseite, sondern auch von konkurrierenden ‚Gewerkschaften‘. Nicht selten werden aktive Gewerkschafter/innen bedroht. Dazu kommt, dass die Polizei und die Justiz nicht in allen Regionen Gesetz und öffentliches Interesse schützen. Ohne flankierende Maßnahmen kann es in Mexiko kaum gelingen, eine „richtige“ Betriebsgewerkschaft zu installieren – eine harte Nuss eben.
Die hier zu knackende Nuss ist ein unzureichend organisierter Tochterbetrieb eines deutschen Investors, drei Bedingungen müssen alle gegeben sein:
1. Der Druck muss von der lokalen Belegschaft ausgehen, entsprechende Aktivist/innen müssen sich engagieren. Sie müssen erklären, eine reguläre Betriebsgewerkschaft bilden zu wollen.
2. Unterstützt werden muss die Aktion von einer schlagkräftigen demokratischen Gewerkschaft, ggf. Rechtsanwälten, Verbänden wie FES (Friedrich Ebert-Stiftung Mexiko), Cilas Mexiko-Stadt, Universität Puebla. Im Folgenden wird die Gruppe aus Aktivist/innen und Unterstützer/innen, ggf. Gewerkschaftsdachverband als Aktivistengruppe bezeichnet.
3. Rückhalt muss von Deutschland aus der zuständige (Gesamt-) Betriebsrat des Investors mit IG Metall, IndustriALL und ggf. dem Aufsichtsrat schaffen: Das muss die folgenden Sachverhalte sicherstellen:
• Verpflichtung der mexikanische Niederlassung, Gewerkschaftsaktivist/innen nicht zu benachteiligen, insbesondere ihren Kündigungsschutz zu gewährleisten, ggf. auch gegen den Widerstand der bestehenden Scheingewerkschaft
• Sicherstellung von Mindestkriterien entsprechend Checkliste bzw. Portfolio Gewerkschaftsqualifizierung ‚Lackmustest‘
• Ggf. Kündigung, zumindest keine Verlängerung des Tarifvertrages mit der bestehenden Schutzgewerkschaft
• Beauftragung und Bezahlung eines externen mexikanischen Audits. Die mit dem Audit beauftragte Organisation wird von der Aktivistengruppe benannt.
• Bedrohung des Images des deutschen Investors. Das kann insbesondere mit entsprechender Pressearbeit auch in Deutschland verbunden sein.
Danke Kai für diese Erhellung.
Nussknacker
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